Sonntag, 18. November 2012

Der jüdische Friedhof

Wer gerne spazieren geht und die mystische, aber beruhigende Atmosphäre eines Friedhofs zu schätzen weiß, sollte unbedingt einmal den Jüdischen Friedhof in Weißensee besuchen. Heute hat es mich mal wieder dort hin verschlagen, weil ich es mag, zwischen den Bäumen und Gräbern die langen Wege entlang zu gehen und jedes Mal von der Schönheit des Friedhofs verzaubert zu werden.
Am Ende der Herbert-Baum-Straße (in Erinnerung an den deutsch-jüdischen Widerstandskämpfer Herbert Baum) befindet sich der Eingang des 40 Hektar großen Areals mitten in Weißensee (Haltestelle: Albertinenstraße). 1876 wurde die Fläche erworben und 1880 eingeweiht, nachdem Hugo Licht eine strenge und geometrische Aufteilung des Friedhofs umsetzen konnte. Die vielen Haupt- und Nebenwege des Friedhofs verlaufen strahlen- oder fächerförmig. Dies hat zur Folge, dass sich schöne Blickwinkel ergeben und das Gelände sich dem Betrachter auf geheimnisvolle Weise erschließt.

Tritt man durch das Eingangstor fällt sofort der Gedenkstein an die ermordeten Juden ins Auge. Um den Gedenkstein in der Mitte liegen Steinplatten mit den Namen der Konzentrationslager. Was dem Besucher sofort auffallen wird, sind die vielen kleinen Steine, die auf den Gräbern liegen: Die Steine stehen für die Besucher der Gräber. Jeder Jude hinterlässt nach seinem Besuch einen Stein. Dies geht auf eine alte Tradition zurück als auf den Gräbern noch kleine Steinpyramiden gelegt wurden, um das Grab zu schützen.
Flächenmäßig ist dieser der größte jüdische Friedhof Europas und hat insgesamt 115.000 Grabstellen. Die Gräber sind meist prunkvoll mit besonders liebevollen Abschiedsworten und Ornamenten verziert. An den Mauern des Friedhofs finden die größten Grabstätten Platz; meist dienen Mausoleen, Grabtempel und Grabstätten als Ruhesitz einer ganzen Familie. Hier ruhen nicht nur die politisch verfolgten Juden, sondern auch jene, die sich einen besonderen Namen in der Medizin, der Naturwissenschaft, Literatur, Technik uvm. gemacht haben, u.a. der Schriftsteller Stefan Heym und der Verlagsgründer Samuel Fischer.



Für einen Besuch ist folgendes zu beachten: Herren müssen eine Kopfbedeckung tragen. Eine Mütze genügt zwar, man kann aber auch im Empfangshäusschen die traditionelle Kippa ausleihen. Diese Kopfbedeckung wird grundsätzlich beim Aufsuchen von Gebetsorten getragen und steht für Gottesfurcht und Bescheidenheit.  
Der Friedhof hat seit einiger Zeit feste Öffnungs- und Schließzeiten, da leider einige Menschen den heiligen Ort missbraucht und teilweise verwüstet oder zerstört haben. Am besten geht man dort vor 15 Uhr hin (im Winter schließen die Tore um 16 Uhr, im Sommer um 17 Uhr). An Samstagen (Schabbat) und an jüdischen Feiertagen ist der Friedhof geschlossen.

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